Die Statthalter der sowjetischen Herren im kommunistischen Bulgarien

Alle Parteiführer der Bulgarischen kommunistischen Partei (BKP) wurden in der Zeit zwischen 1944 - 1989 ausnahmslos von Kreml bestimmt und waren oberste Vollstrecker und Vermittler der sowjetischen Politik sowohl in der Partei, als auch in der bulgarischen Gesellschaft.
Georgi Dimitrov (1882-1949) war Generalsekretär der BKP in der Zeit 1948-1949, vorher der Bulgarischen Arbeiterpartei (Kommunisten) und Ministerpräsident (1946-1949). Bekannt wurde er auch als Generalsekretär der Komintern (1935-1943). Ab 1933 war Dimitrov sowjetischer Staatsbürger und leitete in Moskau die Internationale Abteilung beim ZK der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (Bolschewiki); er war auch Abgeordneter im Sowjetischen Parlament (1937-1945). Aus britischen Archiven, die Anfang des 21. Jahrhunderts aufgedeckt wurden, geht hervor, dass er als aktiv tätiger Funktionär der Komintern seit den 1920er Jahren für den sowjetischen Geheimdienst unter dem Decknamen „DIAMANT“ gearbeitet hat.
Am Anfang seiner politischen Karriere war Dimitrov Anhänger der Anschauungen des Sozialdemokraten Dimitar Blagoev, doch nach 1919, als die Bulgarische Sozialdemokratische Arbeiterpartei (engere Sozialisten) die Ideologie von Lenin annahm und sich in Bulgarische kommunistische Partei (engere Sozialisten) umbenannte, arbeitete Dimitrov für ihre Bolschewisierung und Verwandlung in eine Sektion der Komintern.
Zusammen mit Vasil Kolarov war Dimitrov einer der Hauptanführer des von der Komintern angeordneten Versuches eines bewaffneten Aufstandes in Bulgarien im September 1923, dessen Ziel es sein sollte, das Land zu destabilisieren und zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Machthabern und Aufständischen zu führen. Georgi Dimitrov teilte aber das Schicksal der Aufständischen nicht und floh über Jugoslawien in die Sowjetunion, wo er Mitarbeiter der Komintern wurde und zur Position des Leiters ihres Westeuropäischen Büros emporstieg (1929-1933). 1926 wurde er in Bulgarien in Abwesenheit zum Tode verurteilt.
1933 wurde Dimitrov in Deutschland verhaftet als einer der bulgarischen Kommunisten, die im Leipziger Prozess des Reichstagsbrandes angeklagt wurden. Seine Rednerkunst und die meisterhafte Ablehnung der nazistischen Beschuldigungen machten ihn zum „Helden von Leipzig“, der von der kommunistischen Propaganda häufig eingesetzt wurde. Von der Hauptanklage wurde er freigesprochen, jedoch wurde er zu 9 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt wegen illegalem Aufenthalt in Deutschland mit gefälschten Papieren.
Nach Verbüßung der Strafe bekam er sowjetische Staatsbürgerschaft und ließ sich in Moskau nieder, wo er bis Ende des Zweiten Weltkrieges blieb. Zur Zeit der Säuberungen Stalins in der zweiten Hälfte der 1930er Jahre setzte er sich nicht für seine Landsleute, Kommunisten und politische Emigranten in der Sowjetunion; viele von ihnen wurden ermordet, andere kamen in die Lager des Gulags.
Aus den 1994 aufgedeckten sowjetischen Archiven geht hervor, dass Dimitrov, als Leiter der Komintern, nach der Unterzeichnung des Ribbentrop-Molotov-Paktes am 23. August 1939 von Stalin Anweisungen angefordert hat, welche Direktiven er an die kommunistischen Parteien in den europäischen Ländern zu richten hat. Stalin antwortete, dass es „nicht schlecht wäre, wenn mit Hilfe Deutschlands die Positionen der reichsten kapitalistischen Länder (insbesondere Englands) erschüttert würden. Ohne es selbst zu ahnen und zu wollen, sollte Hitler das kapitalistische System destabilisieren und untergraben.“ Nach diesen Anweisungen wurde die Komintern-Direktive einer antifaschistischen Volksfront aufgegeben.
Nach dem Putsch am 9. September 1944 und der Okkupation Bulgariens durch die Sowjetarmee kam Georgi Dimitrov nicht gleich zurück, aus Moskau gab er Anweisungen für die von der Bulgarischen Arbeiterpartei (Kommunisten) durchzuführende Politik, auch über das sog. Volksgericht, das mit politischem Revanchismus und Grausamkeit stattfinden sollte (vgl. mehr zu „Volksgericht“ – HIER).
Dimitrov kam nach Bulgarien am 4. November 1945 mit sowjetischer Leibwache zurück. 1946 wurde er zum Ministerpräsidenten gewählt. Der NKVD-Oberst Pavel Sudoplatov, der die stalinistischen Säuberungen überlebt hatte, bezeugte, dass Dimitrov der einzige kommunistische Parteiführer in Osteuropa war, der die ganze politische Opposition im Land vernichtet hat. Bei der gewaltsamen Auseinandersetzung mit der Opposition konnte sich Dimitrov auf die 250 000 Mann starke Sowjetarmee verlassen, die von 1944 bis Ende 1947 im Land blieb.
Mit Dimitrovs Einverständnis legte die UdSSR Hand auf die Uranförderung im Bergwerk Buhovo, und dank des aus Bulgarien geheim exportierten Urans konnte die Sowjetunion ihren ersten Atomreaktor in Betrieb setzen.
Dimitrovs Politik führte zur vollständigen Sowjetisierung Bulgariens und zu einem totalitären Regime. Seine Botschaft, dass die Freundschaft mit der UdSSR für Bulgarien „lebensnotwendig ist wie die die Sonne und die Luft für jedes Lebewesen“, ist die beste Illustration für die totale Abhängigkeit Bulgariens von der Sowjetunion.
Neben der Sowjetisierung führte Georgi Dimitrov auch eine Politik der gewaltsamen Makedonisierung der Bevölkerung in der Pirin-Region und ihren Anschluss an die zu gründenden Jugoslawischen Makedonischen Republik. Er folgte dem von der Komintern schon vor dem Krieg geplanten Modell einer Balkanföderation, doch nach dem Bruch zwischen dem jugoslawischen Führer Tito und Stalin kam es nicht zu diesem für die bulgarische Nation erniedrigenden Akt (vgl. mehr in der Rubrik „Verrat an der Nation“ – HIER).
Dimitrov wurde von sowjetischer Seite kritisiert wegen seinem Kurs der Annährung zu Jugoslawien und wurde aufgefordert, nach Moskau zu kommen angeblich zu einer medizinischen Behandlung. Dort starb er nach vier Monaten, die Diagnose lautete „Herzinsuffizienz und Leberzirrhose“. Nach den politischen Veränderungen wurde von sowjetischen Archivforschern angenommen, dass er von Stalin vergiftet worden ist. Nach seinem Tode wurde die Leiche von Dimitrov balsamiert und in einem zu diesem Zweck im Zentrum von Sofia aufgebauten Mausoleum ausgestellt. Von der kommunistischen Propaganda wurde er für den „geliebten Führer und Lehrer der kommunistischen Partei und des ganzen bulgarischen Volkes“ erklärt, er galt auch als „treuer Schüler von Lenin und Stalin“.
Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus in Bulgarien wurden im Sommer 1990 die sterblichen Überreste von Dimitrov aus dem Mausoleum herausgenommen und auf dem Zentralfriedhof in Sofia begraben. Im Sommer 1999 wurde das Mausoleum zerstört.
Valko Tshervenov (1900-1990) war erster Sekretär der BKP in der Zeit Juli 1949 – Januar 1954 und Ministerpräsident der Volksrepublik Bulgarien (1950-1956). Seine Parteikarriere begann in der Jugendorganisation der BKP, wo er Mitglied deren Zentralkomitees war. Dann wurde er ihr Vertreter in der Militärorganisation der kommunistischen Partei. 1924 war er Mitglied der Straftruppe, die an der terroristischen Tätigkeit der Militärorganisation der BKP beteiligt war.
Nach dem unheilvollen Attentat in der Kirche „Sveta Nedelja“, das im April 1925 von Vertretern der kommunistischen Militärorganisation verübt wurde, wurde Tshervenkov in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Im Herbst 1925 kam er illegal in die Sowjetunion. Dort wurde er Mitglied der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (Bolschewiki), absolvierte die Grenzhochschule und die Internationale Leninschule, danach unterrichtete er die Minderheiten aus dem Westen an der Kommunistischen Universität. Er war Sekretär der Emigrantenkommission beim Auslandsbüro der BKP im Apparat der Komintern. In seinen Memoiren nach den Politischen Veränderungen schrieb Todor Zhivkov, dass Tshervenkov für das NKVD als Agent unter dem Decknamen „SPARTAK“ gearbeitet hat.
In Moskau heiratete Tshervenkov die Schwester von Georgi Dimitrov, was eine wichtige Rolle für seine Parteikarriere spielen sollte. Nach der Okkupation Bulgariens durch die Sowjetarmee und dem nachfolgenden Putsch am 9. September 1944 kam Valko Tshervenkov nach Bulgarien zurück und wurde Mitglied der Leitung der BAP (K), seit Oktober 1944 war er schon Mitglied ihres Politbüros.
1949 war er einer der hohen Parteifunktionäre, die eine aktive Rolle gespielt haben in der Kampagne gegen den Vizeministerpräsidenten und Sekretär des ZK der BAP (K) Traitsho Kostov, infolge deren er im Auftrag von Stalin verurteilt und gehängt wurde. Nach dem Tod von Georgi Dimitrov im Sommer 1949 wurde Tshervenkov zum Ersten Sekretär des ZK der BKP gewählt, und nach dem Tod von Vasil Kolarov im Januar 1949 übernahm er die Führung des Ministerrates.
Seine Regierung gilt als genaue Kopie der stalinistischen Methoden, wobei die Repressionen und Säuberungen gegen anders denkende Parteimitglieder auf führenden Positionen in der Partei, in der Staatssicherheit und im militärischen Aufklärungsdienst gerichtet waren. Diese Periode ist bekannt als die Fahndung nach dem „Feind“ mit Parteikarte, sie ist gekennzeichnet durch ungewöhnlich grausamen Terror gegen hunderte Personen in der Partei und im Geheimdienst.
Auf diese Weise festigte Valko Tshervenkov nicht nur Stalins Regierungsmodell, sondern setzte auch nach sowjetischem Vorbild den Kult zur Person des Generalsekretärs der kommunistischen Partei durch. Zur Zeit von Tshervenkov bekam die Staatssicherheit einen Sonderstatus im System des Innenministeriums als selbständige Struktureinheit, der die sowjetische Erfahrung zugrunde gelegt wurde. Die Widerstandsbewegung der Gorjani wurde niedergeschlagen, jeglicher Widerstand wurde gebrochen, verurteilt und in Lager eingewiesen wurden auch Parteimitglieder.
1950 wurde das Ablieferungssoll eingeführt, unter dessen Last Millionen Menschen gerieten und die einzige Rettung lag im Beitritt zu den Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften. Die gewaltsame Kollektivierung unter der Regierung von Tshervenkov führte zu den ersten osteuropäischen Bauernrevolten in Nordbulgarien – in den Regionen von Orjahovo, Kula und Vratsa. Während der Regierungszeit von Tshervenkov fand auch der Streik der Arbeiter in der Tabakverarbeitung in Plovdiv, der mit bewaffneter Gewalt niedergeschlagen wurde, es gab Tote und Verwundete.
Nach dem Tod von Stalin konnte Tshervenkov die Situation in Moskau nicht richtig einschätzen und wurde 1954 von seiner leitenden Position in der Partei entfernt, an seine Stelle wurde sein bisheriger Günstling Todor Zhivkov eingesetzt. Trotz Kritik vonseiten des sowjetischen Parteiführers Nikita Chruschtschov blieb Tshervenkov an der Spitze der Regierung bis 1956.
Danach wurde er allmählich von allen leitenden Posten entfernt, 1962 wurde er aus der BKP ausgeschlossen. Nach dem Prager Frühling und dessen Niederschlagung durch die Sowjetarmee wurde 1969 seine Parteimitgliedschaft wegen seiner Loyalität gegenüber der Partei wiederhergestellt. Obwohl er keine leitenden Positionen in der Partei einnahm, behielt er das Recht, weiterhin die Privilegien solcher Posten zu nutzen.
Todor Zhivkov (1911-1998) war Generalsekretär der BKP in der Zeit 1954-1989, Ministerpräsident der Volksrepublik Bulgarien (1962-1971) und Vorsitzender des Staatsrates der VR Bulgarien (1971-1989). 1932 absolvierte er die Mittelschule für Graphik in Sofia und wurde in der Druckerei als Letterngießer angestellt. Im selben Jahr trat er in die BKP ein. In seiner offiziellen Biographie, die vom Institut für Geschichte der BKP beim ZK (1981) angefertigt wurde, werden Tatsachen im Zusammenhang mit seinen Verhaftungen in den 1930er Jahren und mit seinem Verhalten bei der Polizei verschwiegen.
Ende 1934 wurde er zum Sekretär der Dritten Parteiregion und zum Mitglied des Kreiskomitees in Sofia gewählt, doch nach 1935 gab es mehrere Verratsfälle, für die er als schuldig erklärt und aus der Partei ausgeschlossen wurde. Obwohl seine Polizeiakte nach 1989 gründlich gesäubert worden ist (sie enthält nur 22 Blätter), wurden in Polizeiarchiven Dokumente gefunden über seine Verhaftung schon vor seinem Eintritt in die BKP; diese Tatsache wird weder in seiner offiziellen Biographie erwähnt noch in den Memoiren, die er 1997 herausgegeben hat. Ältere Parteimitglieder, die von der Polizei verhaftet worden waren, bezeugen Zhivkov dort gesehen zu haben, jedoch nicht als Häftling, was den Verdacht erweckt, dass er zur Identifikation von der Polizei eingesetzt wurde, denn er war der einzige, der im Rahmen mehrerer Untersuchungen nicht strafverfolgt und verurteilt wurde.
Eine Reihe älterer Parteimitglieder behaupten, dass Zhivkov zwischen 1935 und 1942 an den Aktivitäten der BKP nicht beteiligt war und von der Parteileitung isoliert wurde, da er als ein Untergrundagent galt. Nach dem 9. September 1944 stellte er einen Antrag, dass seine Parteistrafe „strenger Tadel mit Vorwarnung ohne Anrecht auf führende Positionen in der Partei“, die ihm vom ZK der BKP 1935 auferlegt wurde, zurückgezogen wird.
Zhivkov wurde 1935 zum regulären Wehrdienst nicht zugelassen und sollte als Bausoldat dienen. 1939 heiratete er die Revierärztin Mara Maleeva und ging in den nachfolgenden Jahren mit ihr in die Orte, wo sie ihren Beruf praktizierte, er selbst arbeitete nirgends und ließ sich von seiner Frau aushalten. Andere Parteimitglieder wurden zu dieser Zeit verhaftet und verurteilt, während Zhivkov in einer Laientheatertruppe spielte und sich bei Bergausflügen fotografieren ließ ohne zu fürchten, dass er erkannt werden könnte. 1942 konnte er endlich als Privatschüler das Dritte Knabengymnasium in Sofia absolvieren, nachdem er 13 Jahre lang versucht hatte, das Abitur zu machen.
In seiner offiziellen Biographie wird behauptet, dass Zhivkov seit 1943 Stabsmitglied der 1. Operativen Aufstandzone mit Zentrum Sofia war und mit operativen Funktionen beim Partisanentrupp „Tshavdar“ beauftragt war. Es gibt keinen anderen Fall, bei dem ein Stabsmitglied einer operativen Zone zur gleichen Zeit ungestört in der Provinz lebt (im Dorf Govedartsi bei Samokov) und ungehindert nach Sofia fährt. Zu diesem Zeitpunkt gehörte Zhivkov zum Bezirkskomitee der BAP (K). Im Unterschied zu anderen Parteifunktionären, die mit dem Trupp „Tshavdar“ verbunden waren, kommt der Name Zhivkov in den Polizeiarchiven nirgends vor. Die „ruhmreiche“ Partisanenvergangenheit von Zhivkov wurde nachträglich ergänzt, nachdem sein schneller Aufstieg begann.
Ihm wurde auch eine leitende Rolle beim Putsch am 9. September 19944 zugeschrieben, doch die Tatsachen zeigen, dass er nur Bewachungsfunktionen zu erfüllen hatte.
Gleich nach dem Septemberputsch 1944 war Todor Zhivkov einer der ersten, die in die Polizeidirektion eindrangen und Interesse für die Akten zeigten. Er war direkt am politischen Terror nach dem 9. September beteiligt, an der Verfolgung und Vernichtung von Vertretern der bürgerlichen Macht. Die Hauptaufgabe des Milizstabs, dessen Führung er nach dem 9. September übernommen hatte, war die Entdeckung und Entschädigung von „Volksfeinden“. Das operative Büro hatte seinen Sitz im Hotel „Slavjanska beseda“, wo bis dahin die deutsche Militärkommandatur untergebracht war. Das operative Büro wurde danach Stab der Volksmiliz unter der Leitung von Todor Zhivkov – so steht es in seiner offiziellen Biographie aus dem Jahr 1981, wo der Stab als das „erste Organ der Diktatur des Proletariats in der Hauptstadt“ bezeichnet wird. Eine Zeitlang war er als Hauptinspektor in der neu gegründeten Volksmiliz angestellt.
Seine Parteikarriere nach dem 9. September 1944 begann er als dritter Sekretär des Sofioter Regionalkomitees der Partei, 1948 war er schon zum ersten Sekretär der städtischen Parteiorganisation avanciert. Im selben Jahr auf dem 5. Parteitag der BAP (K) wurde Zhivkov zum Mitglied des ZK gewählt. Zu diesem Zeitpunkt kam er ins Blickfeld des aus Moskau zurückgekehrten Valko Tshrvenkov, der zu seinem Beschützer wurde. Zhivkov schlug politischen Profit aus der Traitsho-Kostov-Affäre. Als Sekretär der städtischen Parteiorganisation war Zhivkov der erste, der öffentlich die Frage nach der Todesstrafe für den „Verräter“ stellte.
Als Sekretär des ZK, der für die Landwirtschaft zuständig war, beteiligte sich Zhivkov an der Niederschlagung der sog. Revolte von Kula, bei der die Bauern aus dieser Region sich gegen die Gründung der LPG und gegen die Gewalttaten vonseiten der Partei auflehnten, und Zhivkov organisierte und führte diese Linie durch. 1951 wurde er zum Mitglied des ZK der BKP gewählt. Als am Januarplenum 1954 Tshervenkov „Selbstkritik“ übte und vom Posten des Ersten Sekretärs zurücktrat, wurde an seiner Stelle sein Günstling Zhivkov gewählt. Am Aprilplenum 1956 wurde er auf diesem Posten mit der Zustimmung von Moskau bestätigt.
Das Bestreben Zhivkovs nach Popularität in der Gesellschaft trieb ihn zur abenteuerlichen Herangehensweise der sprunghaften wirtschaftlichen Entwicklung (von China übernommen) und der beschleunigten Entwicklung der Landwirtschaft, was das Land 1960 zur Zahlungsunfähigkeit brachte. Hauptkreditoren der kommunistischen Regierung Bulgariens waren sowjetische Banken, und der sowjetische Parteiführer Nikita Chrishtshov weigerte sich, der vor dem Bankrott stehenden BKP neue Kredite zu gewähren, bevor die alten zurückgezahlt sind. Um seinen Posten zu retten, bot Zhivkov insgeheim die ganzen Goldreserven Bulgariens an, die 23 Tonnen betrugen und mit denen er einen Teil der Schulden des Regimes begleichen wollte. Die bulgarischen Goldreserven wurden zur zeitweiligen Aufbewahrung in die Staatsbank in Moskau exportiert, Chrushtshov nahm das Angebot an und das Gold wurde auf den internationalen Börsen verkauft, wobei kein Cent nach Bulgarien zurückkam (vgl. mehr dazu in der Rubrik „Bankrotte“ – HIER).
Zhivkovs politische Langlebigkeit beruht auf zwei Faktoren: auf der Staatssicherheit, die ihm direkt untergeordnet war, und auf seinem widerspruchslosen Gehorsam und seiner Unterstützung der sowjetischen Führer in Kreml. Von ihm stammt der Hinweis an die Mitarbeiter des Innenministeriums und der Staatssicherheit: „Ihr habt so zu arbeiten, dass ihr das Privileg verdient, eine Filiale des KGB genannt zu werden“.
Zhivkov war ein eifriger Anhänger der sowjetischen Politik bei der Durchsetzung der UdSSR als Anführer der internationalen kommunistischen Bewegung, er war auch der erste politische Leiter aus den Ostblockländern, der Moskau und die Truppen des Warschauer Paktes bei beschämenden Abeneuern wie die Niederschlagung des ungarischen Volksaufstandes 1956 und des Prager Frühlings 1968 unterstützte.
Zweimal – 1963 und 1973 – an Plenen des ZK der BKP schlug Zhivkov vor, dass die VR Bulgarien eine Republik der UdSSR wird, und obwohl diese Angebote von sowjetischer Seite abgelehnt wurden, setzte er die Politik einer „allseitigen Zusammenarbeit“ mit der Sowjetunion fort, ohne die nationale Souveränität zu achten, Souveränität sei „für das Volk, wenn es zu essen hat, wenn es gut leben kann“ (vgl. mehr dazu in der Rubrik „Verrat an der Nation“ – HIER).
Die Experimente, durch die er versuchte, die Planwirtschaft nach sowjetischem Muster gewinnbringend zu machen, führten zu zwei weiteren Bankrotten, 1977 (überwunden durch neue Zugeständnisse vonseiten Leonid Brezhnevs) und 1987, als Bulgarien in die Spirale einer Wirtschaftskrise geriet. Die unbezahlbaren Währungskredite von westlichen Banken häuften sich.
Die brutalen Repressionen des Regimes bei Dimitrov und Tschervenkov wurden gemildert, die eiserne Faust der Staatssicherheit wurde in einen Handschuh gesteckt. Um die Gesellschaft und die Intelligenz unter Kontrolle zu halten und auch die Entstehung einer außenpolitischen sowie einer innerparteilichen Opposition vorzubeugen, wurde 1967 die Sechste Verwaltung der Staatssicherheit für ideologische Diversion etabliert, die auch den kleinsten Versuch zum Andersdenken verfolgte.
Gleichzeitig schuf Zhivkov ein System der Korruption und des Loyalitätkaufs innerhalb des hohen Parteiapparats, indem er Materialgüter und Privilegien an einen engen Kreis der kommunistischen Nomenklatura und Obrigkeit verteilte, die als „Rechthabende“ galten. Für deren Bewachung und volle materielle und alltägliche Bedienung sorgte eine andere Verwaltung der Staatssicherheit – die Fünfte Verwaltung für Sicherheit und Bewachung (UBO), die als die Pretorische Garde von Zhivkov bekannt war. Ein ähnliches System materieller Begünstigungen schuf er auch in bezug auf die Intelligenz, indem er auf diese Weise ihre Kritiklosigkeit kaufte und eine Armee von Postenjäger und Schmeichler schuf.
Der Generalsekretär der BKP selbst wurde zum ersten kommunistischen Millionär Bulgariens lange vor dem Zusammenbruch des Kommunismus. Seinetwegen wurde vom Politbüro ein Beschluss gefasst, der vorsah, dass sein Honorar für die Schaffung von Werken, die von Mitarbeitern seines politischen Kabinetts geschrieben wurden, mehrfach erhöht wurde. Zhivkov bekam gleichzeitig Gehälter als Generalsekretär der BKP, als Abgeordneter und zusätzliche Repräsentanzgelder als Vorsitzender des Staatsrates.
Unmittelbar nach dem ungarischen Volksaufstand im November 1956 fasste das Politbüro unter der Leitung von Zhivkov den Beschluss, das Lager Belene wieder aufzumachen und dort alle Regimegegner zu inhaftieren, um Ereignisse nach ungarischem Vorbild vorzubeugen. Nachdem 1959 das Lager Belene in ein Gefängnis verwandelt worden war, wurde mit der Kenntnis von Zhivkov ein neues Lager errichtet - die Arbeitsgruppe bei Lovetsh, die als Arbeitslager „Slantshev brjag“ (Sonnenstrand) bekannt wurde (vgl. mehr dazu in der Rubrik „Lager“ – HIER). Vorsteher des Lagers, in dem ein außerordentlich schweres Regime herrschte, war die rechte Hand von Zhivkov, General Mirtsho Spasov. Das Konzentrationslager und seine Frauenfiliale im Dorf Skravena wurden 1962 stillschweigend geschlossen, als die Grausamkeiten und Ermordungen bekannt wurden. Die Beweise dafür wurden vom Politbüro vertuscht und kamen nicht in die Staatsanwaltschaft, somit machten sich Zhivkov und die kommunistische Obrigkeit zu Mittätern an den Verbrechen.
Während seiner Regierung gab Zhivkov der Staatssicherheit uneingeschränkte Vollmacht zu sog. scharfen Maßnahmen – Entführungen und Ermordungen von Regimekritikern, die bekannteste davon ist die Beseitigung des Schriftstellers Georgi Markov 1978 in London (vgl. in der Rubrik „Mordaufträge/“feuchte Aufträge“ – HIER).
Eines der größten Verbrechen von Todor Zhivkov ist die Passivität und das Schweigen nach der Kernkatastrophe1986 im sowjetischen Kernkraftwerk Chernobyl. Mit seinem Benehmen im Interesse der Sowjetunion verurteilte Zhivkov die ganze Bevölkerung Bulgariens zur Radiationsbestrahlung durch die radioaktive Wolke, die das Land erreichte. Für Zhivkov und die Obrigkeit der BKP wurden aber Sondermaßnahmen getroffen, unschädliche Getränke und Nahrungsmittel zur Verfügung gestellt (vgl. die Rubrik „Chernobyl“ – HIER).
Nach dem Tod seiner Frau Mara Maleeva 1971, die ihn allein am Boden „hielt“, begann Zhivkovs Bestreben, seine Kinder an der Macht teilhaben zu lassen – Ljudmila Zhivkova und Vladimir Zhivkov. Er entfremdete sich gleichzeitig von seiner Umgebung und bevorzugte den Umgang mit der Bewachung des UBO und mit seiner Krankenschwester.
Nach dem Tod seiner Tochter Ljudmila Zhivkova 1981, von der er gehofft hatte, dass sie seine Nachfolgerin wird, isolierte sich Zhivkov noch mehr und verließ sich auf Apparatspielen, durch die er in all den Jahren seiner Macht seine potentiellen Nachfolger im Politbüro beseitigt hatte.
1985 fasste er den Beschluss zur gewaltsamen Bulgarisierung der bulgarischen Türken, die als „Wiedergeburtsprozess“ bekannt wurde und dauerhafte Folgen für die außenpolitische Situation hatte – es kam zu blutigen Bombenanschlägen, die von der BKP-Zensur bis in die 1980er Jahre verheimlicht wurden; das Regime wurde noch stärker kompromittiert, das Land geriet in außenpolitischer Isolation, die nach der zwangsweisen Landesverweisung von 360 000 Türken im Sommer 1989, der sog. Großen Exkursion, verstärkt wurde (vgl. die Rubrik „Wiedergeburtsprozess“ – HIER).
Zhivkov schreckte davor nicht zurück, Gewalt einzusetzen bei der Auseinandertreibung friedlich protestierender Aktivisten der Bürgerorganisation Ekoglasnost, während im Oktober 1989 in Sofia ein internationales Umweltforum stattfand und viele ausländische Beobachter Zeugen des unangemessenen Regimeverhaltens wurden.
Todor Zhivkov teilte das Schicksal seiner Vorgänger in der BKP, die von Kreml ein- und abgesetzt wurden. Zwischen dem 6. Und dem 9. November 1989 führte der sowjetische Botschafter in Sofia Viktor Sharapov mehrere Treffen mit Zhivkov durch, danach musste der Generalsekretär der BKP zurücktreten. Es war die Ironie des Schicksals, dass er dies am 9.November tat, am Tag des Mauerfalls in Berlin, am nächsten Tag, am 10. November, wurde sein Rücktritt vom Plenum des ZK der BKP angenommen.
Die Regierung von Zhivkov hinterließ den Bulgaren ein drittes Bankrott mit mehr als 11 Milliarden Außenschulden und 26Milliarden Innenschulden. Nur einen Monat später, im Dezember 1989, gab sein Nachfolger auf dem Posten des Ersten Sekretärs des ZK der BKP Petar Mladenov öffentlich das Scheitern von Zhivkovs Regierung zu und bezeichnete Zhivkovs Regime als „abartig“.
Im Januar 1990 wurde Todor Zhivkov von der BKP ausgeschlossen (einige Jahre später wurde seine Mitgliedschaft stillschweigend wiederhergestellt) und in Haft genommen, wo er einige Monate zubrachte; ihm wurden mehrere Anklagen erhoben (vgl, „Verurteilung“, Rubrik „In Bugarien“ – HIER). Nach der Inhaftierung wurde er unter Hausarrest gestellt, der bis zu seinem Tode dauerte. Er starb am 5. August 1998 im Alter von 86 Jahren. Die Regierung der Vereinigten demokratischen Kräfte zu diesem Zeitpunkt lehnte die Forderung vonseiten seiner Angehörigen und der Bulagrischen Sozialsitischen Partei nach einem Staatsbegräbnis ab.